03.11.2025
Konjunktur im Handwerk bleibt robust, aber der Schwung fehlt
HWK-Herbstumfrage zeigt: Betriebe halten sich stabil, doch erwarten keine neuen Impulse
Das Handwerk im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region behauptet sich in diesem Herbst trotz rückläufiger Aufträge – der breite Aufschwung bleibt aber aus. Die aktuelle Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Münster (HWK) zeigt: Viele Betriebe halten ihr Niveau, doch neue Impulse fehlen. „Das Handwerk steht stabil, aber es kommt kaum voran“, fasste HWK-Präsident Jürgen Kroos die Ergebnisse zusammen.
An der Umfrage nahmen 556 Handwerksbetriebe aus dem gesamten Kammerbezirk teil. 37 Prozent bewerten ihre Lage als „gut“, 46 Prozent als „befriedigend“ und 17 Prozent als „schlecht“. Damit hat sich die Stimmung gegenüber dem Vorjahr kaum verändert.
Gedämpfte Erwartungen
Nur 11 Prozent der Betriebe rechnen mit besseren Geschäften über den Winter, 63 Prozent erwarten keine Veränderungen, 26 Prozent befürchten eine Verschlechterung. Viele Betriebe hätten gelernt, mit Unsicherheiten umzugehen, erklärt die HWK. Der Geschäftsklimaindex, der Lage und Prognose zusammenfasst, liegt mit 100,7 Punkten praktisch auf Vorjahresniveau (Herbst 2024: 100,4). Regional zeigen sich allerdings Unterschiede: In der Emscher-Lippe-Region stieg der Index deutlich auf 103,3 Punkte (Vorjahr 88,6), im Münsterland sank er leicht auf 99,9 Punkte (Vorjahr 103,6).
Aufträge, Auslastung und Umsätze: solide, aber ohne Zuwachs
Die durchschnittliche Kapazitätsauslastung beträgt 78,4 Prozent – etwas mehr als im Frühjahr (77,2), aber leicht unter dem Vorjahreswert (78,9). Für die kommenden Monate rechnen 61 Prozent der Befragten mit einer gleichbleibenden Auslastung, 26 Prozent mit einer geringeren und 13 Prozent mit einer höheren. „Das Handwerk stellt sich auf ein ruhigeres Winterhalbjahr ein“, bewertet Kroos.
Die Auftragsreichweiten betragen 8,8 Wochen (Herbst 2024: 8,4). Das Bauhauptgewerbe meldet mit 16 Wochen die längsten Reichweiten. 41 Prozent der Betriebe berichten von weniger Aufträgen, 16 Prozent von Zuwächsen. Auch die Umsätze stagnieren: 20 Prozent verbuchen steigende, 37 Prozent sinkende Umsätze. „Viele Betriebe laufen auf Normalbetrieb, aber ohne Extrageschäft“, so Kroos.
Beschäftigung und Investitionen
61 Prozent der Betriebe halten ihren Personalbestand, 15 Prozent stellen ein, 24 Prozent bauen ab. Gleichzeitig suchen vier von zehn Betrieben neue Mitarbeiter. „Der Fachkräftemangel bleibt eine riesige Herausforderung“, unterstreicht Kroos.
Nur 21 Prozent der Betriebe haben in den vergangenen Monaten mehr investiert, 30 Prozent weniger. Für das kommende Halbjahr planen 35 Prozent geringere Investitionen, 15 Prozent mehr. „Diese Vorsicht ist verständlich, aber sie bremst die gesamtwirtschaftliche Entwicklung“, kommentiert Kroos.
Preise stabil, Energiekosten hoch
Etwa die Hälfte der Betriebe konnte ihre Preise halten, 37 Prozent mussten sie anheben. Die Energiekosten bleiben eine Belastung: 46 Prozent zahlen mehr als im Vorjahr. Viele gaben die Kostensteigerungen nicht vollständig weiter.
Branchenvergleich
Wenngleich alle Gewerbegruppen von gesunkener Nachfrage berichten, verzeichnen sie doch alle eine insgesamt positive Herbst-Geschäftslage – die erwartete Entwicklung unterscheidet sich jedoch deutlich. Zwei Branchen (Gesundheit und Nahrungsmittel) erleben Hochkonjunktur, die anderen bleiben im Abschwung.
Im Gesundheitsgewerbe bleibt die Lage sehr gut. Der Geschäftsklimaindex erreicht 113,1 Punkte (minus 12,4 Punkte gegenüber 2024), die Kapazitätsauslastung beträgt 73,9 Prozent (minus 0,1 Punkte). Die Branche ist damit der verlässlichste Stabilitätsfaktor. Beschäftigung und Umsätze stiegen, Investitionen wurden ausgeweitet.
Das Nahrungsmittelhandwerk zeigt die deutlichste Verbesserung. Der Index steigt auf 116,8 Punkte (plus 20,6), die Auslastung liegt bei 68,8 Prozent (minus 4,5). Trotz geringerer Kapazität blickt die Branche mit ausgeprägter Zuversicht auf die kommenden Monate.
Die personenbezogenen Dienstleistungsgewerbe behaupten sich robust. Der Index liegt bei 103,1 Punkten (plus 3,8), die Auslastung bei 72,6 Prozent (plus 5,6). Die Branche arbeitet solide, doch die Erwartungen sind verhalten.
Im Bauhauptgewerbe ist Erholung spürbar. Der Index erreicht 108,9 Punkte (plus 19), die Auslastung stieg um 5,3 Prozentpunkte auf 84,8 Prozent. Das Ausbaugewerbe zeigt sich zurückhaltender: Der Index liegt bei 95,8 Punkten (minus 7,1), die Auslastung bei 79,8 Prozent (minus 3,9). Der Umsatzschwerpunkt beider Gruppen liegt mit 60 Prozent im privaten Wohnungsbau.
Das Kraftfahrzeuggewerbe bleibt stehen. Der Index beträgt unveränderte 102,0 Punkte, die Auslastung kommt auf 78,5 Prozent (plus1,1). Die Geschäfte laufen; hier gibt es die zweitbeste Lagebewertung aller Gruppen. Aber neue Impulse fehlen.
Die Handwerke für den gewerblichen Bedarf bleiben Schlusslicht. Der Index liegt bei 93,8 Punkten (plus 4,3), die Auslastung bei 75,1 Prozent (minus 2,1). Die Nachfrage von Unternehmen nach Zulieferprodukten und -leistungen bleibt verhalten und dürfte weiter sinken.
Fazit: Stagnation auf solidem Niveau
„Das Handwerk im Kammerbezirk Münster befindet sich in einer Phase wirtschaftlicher Stagnation – die Betriebe arbeiten solide, aber ohne spürbaren Zuwachs“, fasste Präsident Kroos zusammen. „Unsere Betriebe zeigen große Standfestigkeit, doch sie brauchen Rückenwind: weniger Bürokratie, bezahlbare Energie und verlässliche Rahmenbedingungen. Nur dann kann aus Stabilität wieder Aufbruch werden.“
Pressemitteilung vom 3. November 2025