14.11.2025
Tag der Fügetechnik zeigt Zukunftsperspektiven auf
Unter dem Motto „Kleben, Schrauben, Schweißen – Zukunft der Fügetechnik im Handwerk“ stand der Tag der diesjährige Fügetechnik auf Haus Kump des Handwerksbildungszentrums HBZ Münster. Rund 45 Teilnehmende aus Handwerksbetrieben und Bildungseinrichtungen nutzten die Gelegenheit, sich über aktuelle Entwicklungen und praxisnahe Anwendungen in der Fügetechnik zu informieren.
Freuten sich über einen gelungenen Tag der Fügetechnik (v.l.) : Burkhard Hankel (Fachbereichskoordinator Maschinenbau am HBZ-Fügezentrum), Patrick Schad (Fachbereichskoordinator Metallbau und Schweißen am HBZ), Prof. Dr.-Ing. Raimund Kisse (Hochschule Bielefeld), Prof.in Dr.-Ing. Miriam Laubrock (FH Münster), Rolf Marahrens (Firma Reiz) und Dr. Martina Viefhues (HWK Münster).
Nach der Begrüßung durch Jörg Haep, stellvertretender Geschäftsführer des HBZ Münster, eröffnete Prof.in Dr.-Ing. Miriam Laubrock von der FH Münster die Vortragsreihe mit einem spannenden Beitrag zum Thema „Kleben statt Schweißen – hält das?“. Sie zeigte auf, wie moderne Klebtechnologien zunehmend klassische Fügeverfahren ergänzen und welche Anforderungen dabei an die Verarbeitung und Qualitätssicherung gestellt werden. Große Überraschung war in den Gesichtern der erfahrenen Schweißexperten zu sehen, als wissenschaftliche Ergebnisse zur Belastbarkeit unter wechselnder Last gezeigt wurde; hier hatte die Klebeverbindung mit knapp 1 Million Zyklen ganz klar die Nase vor der Schweißverbindung mit etwa 20.000 Zyklen. „Schweißen als Fügetechnik hat bei statischen Verbindungen aber noch ganz klare Vorteile“ war eine Aussage, die große Zustimmung bei den Teilnehmenden fand. Beistimmendes Nicken war bei den Zuschauern zu bemerken, als die Wissenschaftlerin anmerkte, dass im Automobilbau bereits jetzt die meisten Verbindungen der Karosserie geklebt werden.
Prof. Dr.-Ing. Raimund Kisse von der Hochschule Bielefeld gab anschließend Einblicke in neue Entwicklungen bei Schraubverbindungen und deren Bedeutung für die handwerkliche Praxis. Für eine gute Verbindung sei es wichtig, dass das richtige Drehmoment auf die Schraube beim Anziehen ausgeübt werde. Betrachte man die Spannungen, die auf die Schraube wirkten, so seien diese direkt nach dem Anziehen am größten und sänken danach wieder leicht ab. Um eine exakte Dokumentation über die Herstellung zu haben, könnten digitale Drehmomentschlüssel genutzt werden; hier könnten bei manchen Fabrikaten auch die Gradienten von Drehmoment und Drehwinkel angezeigt werden, welche ein Indikator für die Vorspannung der Schraube seien.
Nach einer kurzen Pause folgte ein Vortrag von Burkhard Hankel, Fachbereichskoordinator Maschinenbau am HBZ-Fügezentrum, der die Chancen und Herausforderungen für Zulieferer in der Rüstungsindustrie beleuchtete. Auch wenn es für Zulieferer momentan sehr attraktiv scheine, sich in dieses Feld hinzuentwickeln, gab Herr Hankel zu bedenken, dass gerade die Qualitätsanforderungen im Bereich der Rüstungstechnik ein sehr wichtiger Punkt sei. Erfahrene und DIN EN 1090 zertifizierte Betriebe könnten viele Anforderungen der Qualitätssicherung in der Produktion mit der DIN EN ISO 3834 abdecken. Die relevante Norm für Wehrtechnik sei die DIN EN 2303. Schwieriger hingegen könne es für die Unternehmen werden, wenn diese die Unbedenklichkeitsnachweise führen müssten. Diese gelten im Zweifel für alle Mitarbeitenden, die in manchen Fällen im Ausland ihren Wehrdienst geleistet haben, was es für die Unbedenklichkeitsprüfung schwieriger mache. Ein weiterer nicht unerheblicher Punkt sei auch, wie die Mitarbeitenden zu der Frage stehen, ob sie für die Rüstungsindustrie arbeiten möchten. Abschließend merkte Herr Hankel an, dass ein Unternehmen sich idealerweise nicht komplett auf die Zulieferertätigkeit für die Rüstungsindustrie umstellen sollte, sondern immer auch das eigentliche, vorherige Geschäft weiterführen.
Am Nachmittag standen die Themen Schweißen und Normung im Fokus. Rolf Marahrens von der Firma Reiz präsentierte innovative Ansätze zum Lichtbogenschweißen mit digitalen Stromquellen und deren Potenzial für die Automatisierung. Mit Blick auf eine immer stärker digitalisierte Zukunft wurde aus seinen Ausführungen klar, dass Digitale Stromquellen der Schlüssel zur Automatisierung sind und diese das Schweißen nicht nur präziser, sondern auch zukunftssicher machen. Als wichtigen Hinweis bei der Auswahl eines Herstellers für Schweißaggregate nannte Herr Marahrens die Frage nach den analogen oder digitalen Schnittstellen für eine Integration von Schweißrobotern oder Cobots. Grundsätzlich empfehle er die Anbieter vor einem Kauf um einen Testbetrieb zu bitten, seriöse Anbieter würden darauf eingehen. Mit Augenzwinkern erzählte Herr Marahrens auch, dass bei der Nutzung von Schweißrobotern immer daran gedacht werden solle, dass es dem Roboter nicht leidtue, wenn er einen Menschen umstoße, das würde er auch wieder machen. Anders sehe es bei Cobots aus, die mit ihrer Sensorik auf die Kollaboration mit dem Menschen ausgelegt seien.
Patrick Schad, Fachbereichskoordinator Metallbau und Schweißen am HBZ, rundete das Programm mit einem praxisnahen Überblick über aktuelle Normen wie DIN EN 1090 und DIN EN ISO 3834 ab. Er machte deutlich, dass Schweißen ein sehr spezieller Prozess sei, bei dem Qualität im Prozess entsteht. Er machte auch deutlich, dass Normen wie DIN EN 1090 und ISO 3834 keine Bürokratiehürden, sondern Qualitätswerkzeuge sind – wer sie verstehe, arbeite sicherer und wirtschaftlicher. Bei der Qualifizierung der Schweißer sei immer auch die Frage, welche Bauteile geschweißt werden sollten. Anhand vom Praxisbeispiel einer Schweißung von Stäben auf ein Hohlrohrelement verdeutlichte er die notwendigen Anforderungen. Ein wichtiger Punkt sei auch, dass nach der Schweißerprüfung die Schweißaufsicht im Betrieb oder in Bildungszentren alle sechs Monate die regelmäßige Anwendung des Schweißverfahrens dokumentiert werde.
Ein besonderes Highlight bildete die anschließende Besichtigung des Fügezentrums im HBZ Münster. Hier konnten die Teilnehmenden moderne Technologien wie Cobotschweißen, Handlaserschweißarbeiten und einen 3D-Drucker in Aktion erleben. Auch die Proben aus dem Labor von Prof.in Laubrock waren in den Pausen ein Blickfang und Thema für einen angeregten Austausch.
Die Veranstaltung wurde von Dr. Martina Viefhues (HWK Münster) und Burkhard Hankel (HBZ Münster) organisiert und moderiert. Ihr Ziel: Handwerksbetrieben praxisnahe Informationen und Impulse für die tägliche Arbeit und strategische Weiterentwicklung im Bereich der Fügetechnik zu bieten.
Der Tag der Fügetechnik 2025 zeigte eindrucksvoll, wie wichtig der fachliche Austausch und die kontinuierliche Weiterbildung für das Handwerk sind – und dass Zukunftstechnologien längst Einzug in die Werkstätten gehalten haben.