28.10.2025
Persönlichkeit der Azubis "studieren", um Potentiale zu erkennen
Interview mit Friseurmeisterin Sandra Hefel und der Auszubildenden Vivien Müller vom Friseursalon Sandra Hefel in Münster (14 Beschäftigte) zum Thema Attraktivität als Ausbildungsbetrieb
Team Fachkräfte-Initiative der HWK Münster (hier stellvertretend Gisela Goos): Frau Hefel, Sie blicken auf eine lange Zeit als Ausbilderin zurück. Was ist Ihr ‚Erfolgsrezept‘ für die Ausbildung?
Sandra Hefel: Ich muss die Persönlichkeit meiner Azubis quasi ‚studieren‘, um ihre Potenziale zu erkennen und sie optimal zu fördern.
Fachkräfte-Initiative: Die Auszubildenden studieren? Was bedeutet das?
Hefel: Ich kann das am Beispiel meiner Auszubildenden Vivien Müller (24 Jahre) erklären. Sie ist derzeit im zweiten Ausbildungsjahr. Ich habe gleich zu Anfang bemerkt, wie wichtig ihr Themen wie Umweltbewusstsein, Kreativität und Wissensvermittlung sind. Ich habe deshalb für sie nach einer herausfordernden Projektarbeit gesucht. Das Ergebnis erklärt Sie Ihnen am besten selbst.
Fachkräfte-Initiative: Frau Müller, zunächst die Frage: Warum haben Sie sich im Friseursalon Hefel beworben?
Vivien Müller: Ich bin durch mein Lehramtsstudium nach Münster gekommen, doch nach kurzer Zeit bereitete mir dieses keine Freude mehr. So habe ich auf mein ‚Herz‘ gehört, denn Frisieren war seit langem mein Hobby. Per Internet habe ich mich auf die Suche nach einem Ausbildungsplatz zur Friseurin gemacht. Der gute Aufbau der Homepage des Friseursalons Hefel motivierte mich zu meiner Bewerbung. Heute bin ich mit meiner Berufswahl und meinem Ausbildungsbetrieb ausgesprochen zufrieden, denn ich werde hier mit meinen Fähigkeiten persönlich gefördert.
Fachkräfte-Initiative: Wie sieht eine solche Förderung aus?
Müller: Sandra Hefel forderte mich auf, ein digitales Projekt zu erarbeiten. Daraufhin entwickelte ich zusammen mit meiner Mit-Auszubildenden Merle Röers (19 Jahre) und unserer gerade ausgelernten Gesellin Lynn Behrens einen digitalen Friseur-Wettbewerb speziell für Auszubildende.
Fachkräfte-Initiative: Wie hat Ihre Ausbilderin die Projektarbeit begleitet?
Müller: Sie sorgte für die Unterstützung des von uns benannten „Azubi-at-Work-Award“ durch einen renommierten Haarpflegeprodukt-Hersteller. Dieser hat mit uns Dreien und unserer Ausbilderin einen Film erstellt, um über den Wettbewerb zu berichten. Außerdem kümmerte sich Sandra Hefel über ihre Kontakte um die passende Jury-Besetzung für die Auswahl der Gewinner/innen. Unabhängig davon gab sie uns die Zeit für dieses Projekt.
Fachkräfte-Initiative: Was hat Ihnen und Ihren Kolleginnen diese Projektarbeit gebracht?
Müller: Wir sind durch diese Chance in unserem Auftreten nach außen persönlich enorm gewachsen und treten nun vor den Kundinnen und Kunden viel selbstbewusster auf. Merle und ich sind nun auch bei unseren Schuleinsätzen für die ‚Initiative Ausbildungsbotschafter‘ der Handwerkskammer Münster viel überzeugender.
Fachkräfte-Initiative: Was ist die genaue Aufgabe der Ausbildungsbotschafter/innen in dieser Initiative?
Müller: Auszubildende vermitteln vor Abgangsschulklassen, warum sie sich für den jeweiligen Handwerksberuf entschieden haben. Ich freue mich richtig auf diese Termine, weil ich mir früher eine solche Berufsorientierung gewünscht hätte. Unsere Chefin stellt uns für diese halbtägigen Schuleinsätze immer mal wieder frei.
Fachkräfte-Initiative: Frau Hefel, Sie haben Ihren beiden Auszubildenden Vivien Müller und Merle Röers – und auch Ihrer ausgelernten Gesellin Lynn Behrens - viel Zeit für die beschriebenen Sonderaufgaben eingeräumt. Ist das nicht für einen Ausbildungsbetrieb wie Ihren sehr kostenintensiv?
Hefel: Ja, ich leiste diese Investition jedoch, um mein Personal bestens aufzubauen. Alle Drei haben sich durch diese Zusatzaufträge zu starken Persönlichkeiten entwickelt. Und genau dieses Selbstbewusstsein ist in meinem Handwerk wesentlich. Anderen Betrieben rate ich, sich genauso intensiv um ihren Nachwuchs zu kümmern: Denn nur so erhalten wir die qualifizierten Fachkräfte, die wir in unseren anspruchsvollen Handwerksberufen benötigen.
Fachkräfte-Initiative: Frau Hefel und Frau Müller, ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen.
Hefel und Müller gemeinsam: Das haben wir gerne gemacht.