Wenn zwei Schwestern führen

3. September 2025 | Interview mit Claudia Röttlingsberger, Geschäftsführerin und Sabine Duleba – Betriebsleiterin im Innenausbauunternehmen Röttlingsberger in Gladbeck (20 Beschäftigte)
Fachkräfte-Initiative der HWK Münster (hier stellvertretend Gisela Goos): Frau Röttlingsberger, Frau Duleba, Sie führen das Familienunternehmen Röttlingsberger in vierter Generation. Was hat Sie bewogen, den Betrieb von Ihrem Vater zu übernehmen?
Claudia Röttlingsberger (im Bild oben rechts): Ich bin 2012 in den Betrieb eingestiegen. Zu dieser Zeit arbeitete Sabine bereits seit zwölf Jahren als Holzfachtechnikerin und Betriebswirtin des Handwerks im Betrieb unseres Vaters. Als er starb, war es für uns beide wichtig, die über 100-jährige Familientradition fortzusetzen. Ich habe dann als diplomierte Betriebswirtin den kaufmännischen Part übernommen.
Sabine Duleba (im Bild oben links): Bei mir liegen die technischen Führungsaufgaben. Ich bin für die Arbeitsvorbereitung verantwortlich und eher in der Werkstatt oder draußen auf den Baustellen tätig als im Büro. Wir ergänzen uns also optimal.
Fachkräfte-Initiative: Ein rein frauengeführter Tischlerbetrieb, das ist selten. Welcher Erfahrungen haben Sie als weibliche Führungskräfte in dieser Männerdomäne gesammelt?
Duleba: Wir mussten uns die Akzeptanz unserer ursprünglich ausschließlich männlichen Belegschaft schrittweise erarbeiten. Als Tochter des Chefs und als Frau waren da zwei Hürden zu nehmen. Aber mit Ausdauer, Fachwissen und der festen Überzeugung, im Team wirklich etwas bewegen zu können, hat es funktioniert.
Röttlingsberger: Nicht nur innerhalb des Betriebes, auch für Außenstehende, wie unsere Kundschaft oder unsere Lieferanten, war die Führung durch zwei Frauen ungewöhnlich. Heute ist das alles keine Frage mehr. Es ist gelebter Alltag.
Fachkräfte-Initiative: Meinen Sie mit dem gelebten Alltag ausschließlich Ihre persönliche Situation oder denken Sie dabei generell an die Akzeptanz von Frauen im Tischlerhandwerk?
Röttlingsberger: Die Ausbildung von Fachkräften hat in unserem Betrieb eine lange Tradition. Zu Zeiten unseres Vaters, Großvaters und Urgroßvaters gab es in der Werkstatt keine Frauen, weder als Auszubildende noch als Gesellin oder gar Meisterin.
Duleba: Wir dagegen haben in den letzten Jahren gleich zwei Frauen zur Tischlerin ausgebildet und beschäftigten sie seither weiter erfolgreich als Gesellinnen in unserem Betrieb (beide im Bild oben in der Mitte). Sie sind sehr beliebt in unserem Team. Wir alle miteinander sind stolz auf die beiden.
Fachkräfte-Initiative: Nehmen die beiden eine Sonderposition in Ihrem Unternehmen ein?
Duleba: Nein, das tun sie genauso wenig wie wir selbst. Das könnte man auf die Dauer auch nicht durchhalten. Ihre Anwesenheit hat aber die Zusammenarbeit im Team eindeutig verändert. Es geht fröhlicher und charmanter bei uns zu als in früheren Zeiten.
Röttlingsberger: Dazu trägt sicherlich auch unser Führungsstil bei: Wir sind sehr sensibel für die Stimmung unter unseren Mitarbeitenden und merken schnell, wenn dem einen oder der anderen persönlich etwas auf der Seele liegt. In solchen Situationen greifen wir gezielt ein, fragen nach und finden gemeinsam mit der betroffenen Person gute Lösungen.
Duleba: Unsere extrem geringe Personalfluktuation spricht da voll und ganz für uns. Derzeit haben von unseren 20 Beschäftigen sieben Mitarbeitende eine Betriebszugehörigkeit von mehr als 30 Jahren!
Fachkräfte-Initiative: Stimmt, das ist sicherlich ein eindeutiger Beleg für die Attraktivität Ihres Betriebes. Vielen Dank für das Gespräch.